Dreikönige: “Wir sind das Fenster zum Quartier”

Die Pfarrei Dreikönigen in Zürich-Enge feiert am 27. Juni ihren 70. Geburtstag. Dass eine Pfarrei vor allem die Menschen und ihre Begegnungen ist, zeigt das Gespräch mit dem Dreikönigen-Sozialarbeiter Marijan Markotic.

“Ein Interview mit Foto von mir? Ohne Foto wäre mir eigentlich lieber…” Marijan Markotics Reaktion erinnert an eine Anekdote um den sprichwörtlich bescheidenen Papst Johannes XXII (1316-1334). Dieser soll sich dereinst im Spiegel betrachtet und sich selber ermahnt haben: «Giovanni, nimm dich nicht so wichtig!”

Die Pfarrei soll also für die Menschen, für ihre Sorgen und Nöte da sein, und nicht die Menschen für die Pfarrei, so Marijan Markotics Credo.

Seit sieben Jahren arbeitet der studierte Psychologe und Theologe nun bereits im Pfarreiteam in Zürich-Enge und freut sich auf die bevorstehende Feier zum 70. Geburtstag der Pfarrei.

Das Geburtstagskind: Pfarrei Dreikönigen

Marijan Markotic, Sie besuchen die Menschen in vier Altersheimen. Was fällt ihnen bei Ihrer Arbeit auf, was lernen Sie dabei?
Alle Einrichtungen sind von den sozialen Schichten, der Biographien der Menschen und der Hauskultur her völlig verschiedenen – wie verschiedene Planeten, sage ich immer. Und trotzdem: Das Alter macht alle Köpfe gleich. Alle Menschen kommen im Leben an dieselben Punkte, mit denselben Fragen: Was ist der Sinn des Lebens, warum bin ich heute, wie ich bin? Wie sieht meine Lebensbilanz aus, was sehe ich, wenn ich zurückschaue? Das sind die grossen Lebensfragen, die alle Menschen irgendwann beschäftigen.

Wie begegnen die Menschen diesen Fragen? Mit Angst, Neugier…?
Jede Person auf ihre Art; und trotzdem stelle ich im Gespräch eine ungebrochene Lebensfreude fest – trotz Corona. Wichtig scheint mir, dass diese Fragen in einer Atmosphäre des Vertrauens und der Wertschätzung besprochen werden können. Ich versuche auch bei den ökumenischen Andachten bewusst Themen zu setzen, die auf zu der Lebenssituation der Menschen passen. Ich möchte die Bewohnerinnen und Bewohner aktiv miteinbeziehen. Das ist auch mein Verständnis von Kirche.

Was für eine Rolle haben Sie? Sind sie einfach der «Mann von der Kirche»?
Auch (lacht). Vor allem aber bin ich das «Fenster zur Welt», zum Quartier, Stadt, dem Ort, in dem die Menschen gehören. Ich sehe mich als eine Brücke zum Weltgeschehen draussen; bin offen fürs Gespräch «über Gott und Welt». Die Pandemiezeit war für uns Alle schwierig. Als das totale Besuchsverbot galt, habe ich z.B. zu Ostern einen Ostergruss der Pfarrei sowie eine Schokolade überbracht. Zum Zeigen: Wir sind da, wir bleiben weiterhin im Kontakt.

Was haben Sie für einen Eindruck: Werden Menschen im Alter in der Stadt einsamer?
So allgemein würde ich es nicht sagen. Aber es gibt tatsächlich Menschen, die vergessen gehen. Diese Menschen müssen wir als Kirche aufspüren. Als kleiner Anker im Quartier. Nicht alle wollen und können in die Kirche kommen. Dann gehen wir eben zu ihnen.

Wie sehen Sie den sozialen Auftrag der Kirche in Zukunft?
Wer mit Menschen arbeitet, muss ein guter Menschenkenner sein; muss Menschen mögen, für sie ein grosses Herz haben, ihnen auf der Augenhöhe und vorurteilslos begegnen. Allem voran muss man das Vertrauen und den Respekt der Menschen gewinnen. In diesem Sinne verstehe ich und wünsche ich mir eine Kirche, die am Puls des Lebens steht und den Menschen dient, wo es nötig ist.

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