“fails@church“ erfolgreich mit Gescheiterten

Das neue Talk- und Netzwerk-Format «fails@church» hat am vergangenen Montag seine erfolgreiche Premiere erlebt: Im Kulturlokal «Kosmos» an der Langstrasse fanden sich rund 50 Interessierte ein und erfuhren aus erster Hand, wie man scheitert – aber richtig, um gestärkt mit der Krise umgehen zu können.

«fails@church» nimmt das bewährte «Fuck Up Night» Konzept aus der IT- und Start up-Szene auf: Etablierte Persönlichkeiten erzählen für einmal nicht von ihren Erfolgen und persönlichen Highlights, sondern im Gegenteil von den persönlichen Tiefpunkten. Verbunden mit dem Wendepunkt, der die persönliche Niederlage auch zum Wendepunkt für den nächsten Schritt aus der Krise und – je nachdem – auch zum Erfolg führte.

 Generalvikar Josef Annen, der reformierte Grossmünster Pfarrer Christoph Sigrist und ex-Chrischona International Leiter René Winkler waren die Premiere-Gäste – und sie sorgten für unerwartete und auch bewegende Momente. So unterschiedlich der Werdegang und die Positionen der drei Protagonisten auch sind, ihre zum Teil sehr persönlichen Schilderungen machten «fails@church» zu einer wohltuend authentischen Veranstaltung. Das Vorhaben, bewusst in einem Format über persönliche Niederlagen und deren Erkenntnisse zu sprechen, wurde eingelöst. 

 So schilderte Josef Annen, wie er in der Jugendseelsorge Scheitern erlebt hatte. Er musste feststellen, dass die gute Erfahrung im Moment zählt und langfristige Konzepte nicht funktionieren. Als Regens leitete er das Priesterseminar in Chur, leistete mit einem Team gute Aufbauarbeit – und scheiterte an einem Vorgesetzten, der ein völlig anderes Konzept und andere Vorstellungen hatte. Dies, so Josef Annen, mache ihn bisweilen auch traurig, da er heute noch davon überzeugt sei, dass sein Konzept das richtige gewesen sei. Ehrliche Worte, die man so nicht alle Tage hört.

 Um Leben und Tod gar ging es bei Christoph Sigrist, als er bei einer Bergtour stürzte und eingeklemmt um sein Leben fürchten musste. Da habe er gespürt, dass er in diesem Moment ein ganz normaler sterblicher Mensch sei, der weder gelassener als andere in diesem Moment reagierte, dabei alles im Griff hatte, noch spirituell erleuchteter aus dieser Situation hervorging. Er habe einfach Angst gehabt und auf Rettung durch den Bergführer gehofft, so Sigrist.

René Winkler indes sprach von seiner Vergangenheit als Leiter bei der Chrischona International. Eigentlich als starker Mann für den Reformprozess eingestellt, spürte er, wie unter seiner Leitung die Kirche nicht geeint, sondern stark auf Einzelinteressen ausgerichtet wandelte. Er meint: Diese Niederlage habe ihn mehrmals sich fragen lasse, wofür er den als Mensch in diesem Prozess stehen wolle. Ob es nun klappen werde oder nicht.

 Zuckerbriefchen-Weisheiten oder saloppe Ratschläge verteilten die Referenten nicht an die Teilnehmenden. Wenn es eine Quintessenz gab, die alle einte, dann diese: Seine Grenzen erfahren zu müssen, muss kein Rückschritt sein. Diese Grenzen lassen einem auch besser sehen, was man vermag und was nicht. Was die Augen öffnet für den trotzdem vorhandenen Gestaltungsspielraum, den aus es auch zu nutzen gilt.

 «fails@church»-Initiant Simon Brechbühler von Katholisch Stadt Zürich: «Solche Veranstaltungen lassen sich zwar planen, nicht aber deren Ausgang. Offenheit tut Not in der Kirche, das sieht man in vielen Bereichen. Wir hoffen, dass wir mit dem neuen Format auch eine neue Fehlerkultur in der Kirche ermöglichen können – dabei spielt es nicht einmal eine Rolle, in welcher Kirche überhaupt.»

Die nächste «fails@church»-Ausgabe findet am 27. Januar 2020 statt. Die Gäste werden frühzeitig bekannt gegeben. Der Eintritt wird wieder kostenlos sein.

Premiere verpasst? Jetzt in Ruhe alles nachhören

Für alle Interessierten, welche bei der Premiere nicht dabei sein konnten, stehen dank unserem Medienpartner livechannel.ch die besten Momente der Veranstaltung als Audiofiles zur Verfügung.

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