Fasten für den Frieden

Krieg und Flucht sind in dieser Fastenzeit ganz nah an uns herangekommen. Viele machen sich berechtigt grösste Sorgen und ich habe von vielen gehört, dass sie sich ohnmächtig fühlen, nichts tun zu können. Es gibt allerdings sehr viel Solidarität, die Spendenfreudigkeit ist hoch und einige öffnen gar ihre Wohnungen für Geflüchtete. Doch die Ohnmacht bleibt.

Ist Fasten da kein schräges “Seelenwellness” und völlig egozentrisch, wenn gleichzeitig in der Ukraine die Bomben fallen? Ich bin überzeugt, dass dem nicht so ist.

eigenes Ungemach für das Wohlsein anderer
Es gibt die alte bei uns in Vergessenheit geratene spirituelle Tradition, dass ich auf etwas verzichte, etwas erleide, und es anderen widme. Früher nannte man dies aufopfern. Also Passion Leiden-schaft für andere. Das eigene Ungemach wird angeboten für das Wohlsein anderer. Warum also nicht, fasten, reduzieren und verzichten für den Frieden?

Unfrieden wandeln
In unserer Fastengruppe in Zürich machen wir bei unseren Impulsen immer eine Atemübung. Heute stammte sie aus dem Tibetanischen Buddhismus: die Tonglen Praxis. Es geht bei dieser Übung nicht um meinen Seelenfrieden, sondern um das Mitgefühl mit Menschen, die selber in Unfrieden sind. Das können bestimmte Menschen sein oder ein ganzes System. Wir verbinden uns gedanklich und voller Mitgefühl mit ihnen oder dem System. Beim Einatmen atmen wir die ganzen Spannungen und den Unfrieden ein. Wir bitten beim Anhalten des Atems darum, dass es verwandelt werde. Beim Ausatmen senden wir Mitgefühl und friedliche Gedanken. Ich atme den Unfrieden, die Spannungen anderer ein; bitte darum, dass es gewandelt werde und sende beim Ausatmen Mitgefühl und Frieden.
Eine Teilnehmerin sagte nach der Übung: Ich habe festgestellt, dass durch diese Übung auch in mir das friedliche Gefühl gewachsen ist.

Basilius der Grosse über das Fasten
Wir haben diese Erfahrung mit einem Text von Basilius dem Grossen vertieft, der als Bischof im 4. Jahrhundert in der Türkei wirkte.
„Fasten stiftet Frieden. Wenn aber alle Völker den Rat des Fastens annähmen, um ihre Fragen zu regeln, würde nichts mehr verhindern, daß tiefster Friede in der Welt herrsche; die Völker würden nicht mehr gegeneinander aufstehen, und auch die Heere würden einander nicht in Stücke hauen. … Unser ganzes Leben wäre nicht in so hohem Grade von Stöhnen und Seufzen erfüllt, wenn es das Fasten regelte. Das Fasten würde alle lehren, die Liebe zum Geld, zu überflüssigen Dingen und im Allgemeinen die Neigung zu Feindseligkeiten aufzugeben.“  

Fasten hat verschiedene Ebenen
Für mich stimmt dieser Zusammenhang auf verschiedenen Ebenen.
Wer fastet, bemüht sich um eine gereinigte Psyche und um ein Gefühl von Frieden mit sich selber. Dies hat auch eine direkte Wirkung auf die Umgebung. Damit fängt es an. Doch der Zusammenhang ist noch viel grösser. Das Fasten hat neben der körperlichen und psychischen Dimension noch eine wichtige soziale Komponente. Wenn ich lerne meine Zufriedenheit weniger von Konsumgütern abhängig zu machen, führe ich automatisch ein einfacheres Leben und verbrauche weniger Ressourcen. Das hilft der ausgebeuteten Erde und ist ein Beitrag, den Kampf um die Ressourcen gerechter zu führen. Wo ich weniger verbrauche, steht es anderen zur Verfügung.

Fasten für den Frieden?
Wo ich durch das Fasten ausgeglichener und zufriedener werde, wirke ich friedvoll auf die Umgebung. Wo ich durch meinen Lebensstil genügsamer werde, schone ich Ressourcen. Wo ich bescheidener werde in meinen Ansprüchen, ermögliche ich es anderen, ihre Grundbedürfnisse mehr stillen zu können.

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