«Gemeinschaft und Solidarität gehen über alle Grenzen hinweg.»
Liebe Kirchenmitglieder
Liebe Zürcherinnen und Zürcher
Er war kein Traumtänzer. Er stammte aus einer armen Bergamasker Bauernfamilie, raue Umgebung, Schulbildung war nur den wenigsten im Dorf vergönnt, auch in seiner eigenen Familie. Giuseppe Roncalli, später bekannt als der Konzilspapst Johannes XXIII., hatte Bodenhaftung und war kein Dampfplauderer. Er wusste durch seine Herkunft nur zu gut: Solidarische Gemeinschaft schliesst niemanden aus. Sie streckt die helfende Hand bedingungslos aus.
So entwarf Johannes XXIII. auch die Kirche der Zukunft. Gemeinschaft und Solidarität über alle Grenzen hinweg: Soziales Milieu, Herkunft, ja selbst Re-ligionen dürfen keine Grenzen darstellen.
Für die damalige Zeit war diese Einstellung unerhört. Die Kirche sah sich damals noch allzu oft nicht als Teil der Welt, sondern schlichtweg als die Welt selbst. Johannes XXIII. war ein sanfter Revoluzzer. Und dieser Pragmatismus gefällt mir.
Der Mut und die Demut des damaligen Papstes Johannes XXIII. werden uns in den kommenden Jahren guttun. Selbst wenn wir das Virus all-mählich unter Kontrolle bringen, bleiben die Gräben, die es in der Gemeinschaft aufgerissen hat. Wir spüren dies alle am Arbeitsplatz, unter Freunden, in den Vereinen, in der Familie und ja – auch bei uns in der Kirche.
Solche Gräben müssen wieder zugeschüttet werden. Nicht oberflächlich, sondern sorgfältig. Dazu kann die Kirche einen wertvollen Beitrag leisten. Als Solidargemeinschaft für alle.
Kirche ist kein theoretisches Konst-rukt. Im Endeffekt sind es wir Menschen, die zusammen auf dem Lebensweg unterwegs sind. Gemeinsam in den Quartieren und in der Nachbarschaft leben. Fern aller theologischen Spitzfindigkeiten verbindet uns die Sehnsucht nach einem guten Leben und dem Vertrauen in den andern – und in Gott.
Seit der Zeit von Papst Johannes XXIII. (1881–1963) hat sich die Kirche verändert. Sie ist offener, verbindender geworden und ist gerade in der Stadt Zürich Teil jenes Kitts, der den urbanen Lebenskosmos zusammenhält. Auch in Krisen wie derjenigen, die wir jetzt erleben.
Und noch etwas können wir von ihm lernen: einen Optimismus und ein Gottvertrauen, selbst in lang dauernden, schwierigen Zeiten. Jede und jeder von uns kann so zu einem Brückenbauer werden.
Manchmal sollten wir alle etwas Papst sein.
Daniel Meier
Präsident Verband röm.-kath. Kirchgemeinden
Marcel von Holzen
Dekan Zürich-Stadt
Die Fakten – Wissenswertes auf einen Blick
Die Menschen – Portraits von Mitgliedern