Predigerkirche: Halt, sitzen bleiben!

17 lebensgrossen Skulpturen des Künstlers Johann Kralewski laden in der Predigerkirche ein zum Halt machen. Das scheint simpel. Aber warum tun wir uns damit in unserem Leben so schwer? Thomas Münch, Seelsorger in der Predigerkirche, macht sich dazu seine Gedanken.

Thomas Münch, die Predigerkirche lädt vom 12. Mai bis 15. Juli dazu eine Pause zu machen, innezuhalten. Schaffen wir dies ohne Anregung alleine nicht mehr?

Gerade in diesen Tagen ist das eine berechtigte Frage. Wir fühlen uns eingeschränkt durch die Corona-Massnahmen, dennoch erlebe ich rund um unsere Kirche und auch sonst in der Stadt wieder eine hektische Betriebsamkeit wie vor Corona. In den Gesprächen in der Kirche erlebe ich dann, dass es einfach einen Ort braucht, um zur Ruhe zu kommen.

Haben Sie eine Ahnung, was uns denn so rastlos an- oder besser: umtreibt?

Da ist der Umgang mit dem, was die Corona-Pandemie mit uns macht. Viele Menschen haben das Gefühl, von aussen gesteuert zu sein, nicht mehr selber bestimmen zu können, wie wir leben und uns verhalten sollen. Vor allem ältere und alleinlebende Menschen leiden darunter, dass viele Veranstaltungen wie Lesungen an der Volkhochschule, Kirchgemeindeanlässe, Gesundheitskurse oder auch Jass-Nachmittage, nicht mehr stattfinden können. Damit fallen die automatisch sich ergebenden sozialen Kontakte weg. Man muss sich nun darum kümmern – und das ist nicht immer einfach.

Sind nur die älteren Personen betroffen?

Nein, überhaupt nicht. Auch jüngere Menschen erlebe ich so, dass sie sich zunehmend um ihre Zukunft sorgen. Nehmen wir die Studierenden – unsere Kirche liegt ja in unmittelbarer Nachbarschaft zur Universität: die Abgängerinnen und Abgänger vom letzten Sommer mussten teilweise ihre Masterarbeiten umschreiben, weil vorgesehene Interviews und Studien nicht mehr möglich waren. Andere studieren nun im 3. Semester und haben immer noch keinen Lesesaal von innen gesehen. Das ist eine gespenstische Situation.

Was raten Sie persönlich im Alltag, um sich auf dem Weg nicht zu verlieren?

Den Kompass nicht zu vergessen! Das klingt banal, ist aber sehr wichtig. Wenn ich auf eine Wanderung gehe, ist der Kompass immer dabei. Ich brauche ihn zwar nicht oft, aber dann, wenn ich auf der Karte nicht mehr genau weiss, wo ich bin, ist der Kompass eine unverzichtbare Hilfe. Genauso ist es auch im alltäglichen Leben. Da brauche ich auch eine Karte, also ein Ziel, eine Perspektive, einen Lebensentwurf. Ich brauche aber auch meinen Kompass, also meine Werte, nach denen ich mich ausrichte, bevor ich die nächsten Schritte unternehme.

Die Pilger stehen für unsere Lebensreise. Kann man sich im Leben auch verlaufen oder kommt man trotzdem immer irgendwie an?

Aus meiner Erfahrung heraus würde ich sagen, man kann sich nicht nur verlaufen, man verläuft sich tatsächlich immer mal wieder. Und ob man dann wieder auf den Weg zurückfindet bzw. irgendwie ankommt, liegt nicht immer in unserer Hand. Ich denke da an die Emmaus-Jünger, von denen wir in den Ostertagen hören. Die waren auch der Meinung, dass sie sich auf ihrer Lebensreise verlaufen und geirrt hatten. Der, auf den sie ihre ganze Hoffnung gesetzt hatten, war tot, gekreuzigt wie ein Verbrechen. Und sie hatten gedacht, er sei der, der sie erlösen würde. Sie wollten nur noch davonlaufen. Aber genau in diesem Moment geht einer mit ihnen mit, der sich nach ihrer Trauer fragt, ihnen hilft, das Geschehene neu zu sehen und so können sie neu anfangen.

Hoffnung ist angebracht?

Unbedingt! Ich bin zutiefst überzeugt, dass es solche Begegnungen in unserem Leben immer dann gibt, wenn wir sie am nötigsten haben. Wenn wir offen dafür sind.

Wo stehen Sie auf Ihrer persönlichen Reise?

Manchmal kommt mir der Gedanke, dass ich – zumindest beruflich – meine «letzte» Reise angetreten habe.: Ich werde bald 60 und habe an der Predigerkirche einen Ort gefunden, wo ich meine Stärken, Begabungen und meine Vorlieben für die Ökumene gut leben kann. Aber nun habe ich im Februar mit Kathrin Rehmat eine neue reformierte Kollegin erhalten. Und es macht unglaublich Spass, sich wieder neu auf den Weg zu machen und einen «neue» Reise zu beginnen.

AngebotInnehalten bei den 17 lebensgrossen Skulpturen des Künstlers Johann Kralewski
OrtPredigerkirche
Datum12. Mai -15. Juli 2021
ZeitSonntag – Montag: 13:00-18:00 Uhr
Dienstag – Samstag: 10:00-12:00 Uhr und 13:00 – 18:00 Uhr
Vernissage11. Mai 2021 um 17:00 Uhr
auch im Livestream
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